Samstag, 7. Mai 2011
leben ist auch keine lösung.
stell dir vor, du bist mitten in der stadt und sitzt, ein sandwich in der hand, auf den betonstufen gegenüber vom bahnhof, wo auch die rucksacktouristen und büroangestellten rumhängen. sie sonnen sich und essen ihren lunch und dieser typ kommt auf dich zu. er ist ziemlich klein, hat eine dicke wampe und eine breitgequetschte nase, und er setzt sich neben dich auf die stufe. er wirft sich seine toga über die schulter, beugt sich zu dir und fragt:
"ist krieg schlecht?"
"klar ist krieg schlecht.", sagst du und rückst ein bisschen zur seite, weil der typ riecht wie ein nasses schaf. " dabei sterben menschen."
"menschen sterben auch beim überqueren der straße. ist das überqueren der straße schlecht?"
"das ist was anderes.", sagst du. "das sind unfälle."
"also ist krieg schlecht, weil da menschen andere menschen mit absicht töten?", sagt er und wiegt seine beginnende glatze hin und her.
"ja, irgendwie schon."
"kann es aber auch irgendeine rechtfertigung geben, jemanden mit absicht zu töten? vielleicht, weil man damit etwas gutes bewirkt?"
dein sandwich fängt schon an, sich an den ecke hochzubiegen, also beschließt du, ihm zu beweisen, dass du genauso gut argumentieren wie zuhören kannst. "klar, wenn dieser mensch etwas schlechtes getan hat. jemand wie hitler zum beispiel. die welt wäre besser gewesen, wenn ihm jemand eine kugel verpasst hätte."
"irgendjemand?"
"ja klar, schließlich war er so schon mies."
"also ist es in ordnung, jemandem eine kanone an den kopf zu halten, wenn man überzeugt ist, dass derjenige ein schlechter mensch ist?"
"klar, solange dieser mensch wirklich schlecht ist. alle wussten doch, was hitler vorhatte. dem hat doch jeder den tod gewünscht."
"viele leute waren der ansicht, dass das, was hitler gemacht hat, gut war."
an dieser stellefängst du an, dich zu wundern, ob dieser typ in der toga überhaupt eine ahnung davon hat, was im zweiten weltkrieg gelaufen ist.
"aber um auf unser thema zurückzukommen - solange viele leute das, was ein anderer tut, als böse ansehen, ist es okay, ihn zu töten? ist das nicht genau das, was wir auch von unseren soldaten verlangen? etwas vermeindlich böses zu vernichten?"
"dann finden sie das also gut?"
"das habe ich nicht gesagt. ich versuche nur, dich dazu zu bringen, einmal über deine eigenen überzeugungen nachzudenken. guten appetit."
inzwischen fragst du dich, für wen der penner arbeitet - ob er marktforschung betreibt oder einer von diesen bekloppten kriegs-befürwortern ist - aber eines ist dir dabei klar geworden:
vielleicht ist diese sache mit dem krieg gar nicht so einfach.

[leben ist auch keine lösung - lia hills]